Wie erwartet hat der Rat der kanadischen Zentralbank („Bank of Canada“) gestern dafür gestimmt, den Leitzins im Rahmen einer dritten Erhöhung in diesem Jahr um 0,5% – Prozentpunkte anzuheben. Mit 1,5% liegt dieser nur noch einen Viertelpunkt unter dem Niveau vor Ausbruch der Pandemie. Die Bank sei zudem “bereit, in Zukunft energischer zu handeln” („to act more forcefully“) um die Inflation wieder unter Kontrolle zu bringen. Im Kern bedeutet dies, dass weitere und möglicherweise noch stärkere Zinserhöhungen erforderlich sein könnten, um Kanadas überhitzte Wirtschaft abzukühlen und das Tempo des Verbraucherpreiswachstums zu verlangsamen, das im April mit 6,8% ein Drei-Jahrzehnte-Hoch erreichte.
Wie in anderen Industrieländern steht auch die kanadische Zentralbank vor dem Dilemma, die Wirtschaft zu verlangsamen, ohne dabei eine Rezession auszulösen. Die höheren Zinsen machen sich bereits auf dem zinssensitiven Immobilienmarkt bemerkbar. Die Zahl der landesweiten Hausverkäufe sank saisonbereinigt von März bis April um 12,6%, während der Hauspreisindex nach Angaben der Canadian Real Estate Association um 0,6% zurückging. Auch wenn höhere Zinssätze in Kanada kaum dazu beitragen werden, die globalen Inflationsquellen wie die hohen Ölpreise und die Lieferkettenengpässe in den Griff zu kriegen, werden sie die Nachfrage in der kanadischen Wirtschaft abkühlen, da die Inflation zunehmend auch von inländischen Faktoren angetrieben wird.
Im historischen Vergleich ist der Leitzins allerdings weiterhin niedrig und die Zentralbank dürfte insgesamt ein „neutrales Niveau“ von ca. 2-3 % anstreben. Aktuell preisen die Märkte in diesem Jahr zu jedem der fünf verbleibenden Entscheidungstermine weitere Zinserhöhungen ein, was den Leitzins bis zum Jahresende auf rund 3% steigen lassen würde. Nach dem Erreichen des “neutralen” Niveaus werden weitere Zinsentscheidungen im Wesentlichen von der Stärke der Immobilienmärkte, den Konsumausgaben und der Inflationstendenz selbst abhängen.
Daneben sehen viele Experten aber auch den kanadischen Dollar („Loonie“) weiter im Aufwind, der als einzige G7-Währung mit dem Tempo des starken US$ mithalten kann, insbesondere auch aufgrund der starken Rohstoffpreise und der Aussicht auf weitere Zinssteigerungen.